Sowohl die Kickers-Männer als auch die Frauen zeigen nach zwei sportlich schwierigen Jahren erfolgreichen Fußball und setzen sich an der Tabellenspitze fest. Beide Bereiche der Kickers haben dabei die gleiche Erfahrung einer treuen Unterstützung gemacht. Kickers-Finanzvorstand der Frauen Heinz Reinders erklärt im Interview, warum in Würzburg der ehrlichste Fußball gespielt wird.
Drei Herbstmeisterschaften bei den Frauen, bei denen die Erste und Zweite an der Tabellenspitze überwintern und die U14-Juniorinnen in die Kreisliga der Jungen aufgestiegen sind. Stolz?
Klar, es freut uns sehr für jede einzelne Spielerin und die Trainer:innen. Sie haben sich diesen Erfolg nach zwei harten Jahren sehr verdient. Vor allem, wenn man den starken Umbruch gerade im Kader der Ersten bedenkt. Aus dem Team vor vier Jahren spielen in der aktuellen Saison noch zwei Spielerinnen, aus der Bundesliga-Zeit sind es noch sechs Spielerinnen. Drei Spielerinnen haben es in höherklassige Clubs geschafft. Corona, Karriereenden und Wegzüge haben zusätzlich ihre Spuren hinterlassen. Deshalb ist das eine tolle Saison für die neue, sehr junge Generation.
Was sind die wichtigsten Lehren aus den letzten drei Jahren?
Wir sind seit 2018 sehr schnell gleich zwei Mal aufgestiegen, zurück in die 2. Bundesliga. Aber das war eine ganz neue und andere Bundesliga, die zudem noch unter Corona-Bedingungen stattgefunden hat. Viele U-Teams der großen Lizenzvereine waren in der Bundesliga vertreten, das Leistungsniveau war sehr hoch. Da haben wir schon bei der ganzen Organisationsarbeit drumherum Woche für Woche gemerkt, was den Unterschied zwischen Profi- und Amateurvereinen ausmacht. Deshalb ist unsere wichtigste Lehre, dass wir leistungsmäßig sehr gut mithalten können, wenn wir uns wieder stärker auf Kontinuität und vor allem auf die Förderung des eigenen Nachwuchses konzentrieren.
Und der verheißt ja aktuell durchaus Gutes.
Ja, die U17 hält sich als Aufsteiger gut in der Bayernliga, auch wenn die Distanzen brutal sind. München, Passau, Hof, Augsburg liegen nicht gerade um die Ecke. Aber die Spielerinnen machen das sehr gut, spielen einen sehr klugen Fußball. Es fehlt nur noch die Effizienz. Und die U14 ist Meister der verkürzten Kreisklassen-Saison der Jungen geworden. Das ist der erste Erfolg dieser Art und zeigt uns, da kommen enorme Talente hoch. Unsere Ausbildung im Nachwuchsförderzentrum macht sich bezahlt.
Was ist dann die Richtung für die nächsten Jahre? Wohin soll es sportlich gehen?
Wir gehen dahin, wo die Liga für eine optimale Ausbildung der jungen Talente passt. Der Nachwuchs steht bei uns im Mittelpunkt, darauf werden wir unsere volle Aufmerksamkeit konzentrieren. Dadurch erreichen wir mehr Kontinuität im Kader, können bereits in der Jugend eine Ausbildungsphilosophie etablieren, die dann bei den Frauen das Grundgerüst bildet. Spielerinnen, die zum Beispiel als Studentinnen nach Würzburg kommen, ergänzen dann mit ihrem Talent das Grundgerüst aus der eigenen Nachwuchsarbeit.
Das ist ein Strategiewechsel…
Ja, beziehungsweise die konsequente Fortführung dessen, was wir vor Corona als Architektur angelegt haben. Juniorinnen-Teams, die gegen Jungs spielen, hatten wir am Heuchelhof ja bereits seit zehn Jahren. Das Nachwuchsförderzentrum für Juniorinnen gibt es seit 2014. Im Juniorinnen-Bereich waren wir bestens aufgestellt. Die Integration der U17- und Frauenteams des ETSV ab der Saison 2018 hatte dann genau das zum Ziel: den eigenen Nachwuchs ausbilden und damit den Grundstein für die Frauenteams legen. Die Bundesliga-Saison hat für derart strategische Planungen aber keine Luft gelassen. Da brauchten wir schnell sehr gute Spielerinnen, unsere eigene U14 war da noch zu jung (lacht).
Um es auf den Punkt zu bringen: wer aus der eigenen Jugend kommt, erhält den Vorzug?
Da müssen natürlich die Leistungen stimmen und es braucht eine gute Mischung aus jungen und erfahrenen Spielerinnen. Das zeigt uns ja die aktuelle Saison. In der Ersten haben wir diese wirklich tolle Mischung. Eigene Nachwuchsspielerinnen sammeln erste Erfahrungen, junge Spielerinnen kommen zu uns um die optimalen Bedingungen vorzufinden, die es woanders in der Region einfach nicht gibt und unsere erfahrenen Spielerinnen bringen die Ruhe und die Solidität im Spiel mit. Das macht Spaß. Um aber auf die Frage zurückzukommen. Wer sich schon in der Jugend bei uns ausbilden lässt, hat natürlich sehr gute Möglichkeiten, die verschiedenen Stationen bis hin zur Ersten zu durchlaufen.
Wie sieht da die Zukunft aus?
Aus der aktuellen U17 werden sechs Spielerinnen des Jahrgangs 2006 zu den Frauen wechseln. Das ist natürlich ein großer Sprung, aber sie haben das Talent und den Ehrgeiz dazu, die Frauenteams zu verstärken, Erfahrungen zu sammeln und auch zu zeigen, wie gut unsere eigene Ausbildung ist.
Ist das der Grund, warum andere Juniorinnen zu den Kickers wechseln sollten?
Der Grund ist vor allem, dass wir optimale Trainingsbedingungen, sehr gut ausgebildete und engagierte Trainer:innen, eine eigene regelmäßige Leistungsdiagnostik haben und die Perspektive auf hochklassigen Fußball bieten. Nehmen wir zum Beispiel die Keeperinnen. Ich kenne keinen Verein weit und breit, der im Mädchen- und Frauenfußball für die U14, U17 und die Frauen je eine eigene Torwart-Trainer:in hat. Was will ich da als talentierte Keeperin in einem Verein, in dem ich nur ins Tor gestellt aber sonst nicht gefördert werde? Das ist Quatsch.
Dann nochmal zurück auf die Lehren der Vergangenheit, wenn die eigentlich geplante Strategie durch Corona und Bundesliga unterbrochen wurde.
Wir haben gelernt, und das geht ja den Männern auch so, wer treu an unserer Seite steht, auch wenn es sportlich mal nicht so läuft. Das gilt nicht nur für jahrelang treue Sponsor:innen oder für Spielerinnen, die bei uns geblieben sind. Das gilt auch und ganz besonders für all die Leute auf und neben dem Platz, die uns stets unterstützt haben. Egal ob in der Geschäftsstelle, beim Platzwart oder dem Spieltagsmanager und den Trainer:innen. Das hat viel damit zu tun, dass wir ehrlichen Fußball spielen, mit Herz und Leidenschaft. Das ist typisch für unseren Mädchen- und Frauenfußball.
Apropos ehrlicher Fußball. So als Vorstand des SC Würzburg Heuchelhof gleichzeitig Feuer und Flamme für die Kickers?
(lacht) Zu meiner Ehrenrettung: im August 2012 habe ich für die MainPost einen Beitrag zur gemeinsamen Talentförderung in Würzburg geschrieben, der nicht in Vereinsgrenzen sondern in Kategorien des sportlichen Erfolgs der Region denkt. Wir denken den sportlichen Erfolg im Sinn der Spielerinnen. Sie stehen für uns im Vordergrund.
War 2020 der Übergang zu den Kickers also richtig?
Der Schritt, die Mädchen- und Frauenteams unter der Kickers-Flagge spielen zu lassen, war deshalb ab dem Zeitpunkt sehr konsequent, wo wir auf dem Heuchelhof ein U17- und ein Frauenteam hatten, die in der jeweils höchsten bayerischen Liga spielen. Seit der Zeit haben wir eine wirklich tolle Zusammenarbeit erlebt, von der beide Seiten profitieren. Mir persönlich gefällt das enorme soziale Engagement der Kickers-Männer. Das haben sie im Übrigen mit dem SC Heuchelhof gemeinsam – den Blick für soziale Projekte und soziale Verantwortung.
Foto: Paul Zottmann